Mal einfach so: Moonblumen
Haben Sie jemals über Moonblumen nachgedacht?
Moonblumen spalten die Nation. In jene, die verächtlich ‚Ikea-Kitsch’ rufen und jene, die sich eben dort Moonblumen-Bilder kaufen. Drei-teilig, wenn's geht. (Ikea kann wahlweise mit jedem gängigen, noch nicht insolventen Versandhaus ausgetauscht werden.)
Moonblumen sind, wie so vieles auf der Welt, der Massen-Mode zum Opfer gefallen. Mal wieder.
Schaue ich auf die letzten Jahrzehnte zurück, wechselte das Angesagte (Wohn-Dekor) zwischen allerlei historisches Kultur-Gut aus Ägypten, Afrika* oder Asien. Das, von den üblichen Verdächtigen in Unmengen semi-gemalt auf meist giftigen Materialien hergestellt, in deutschen Schöner-Wohnen-Landschaften hing.
Oder - noch schlimmer - von durch die Welt geikelnden Trotteln als "echtes Dings-Bums" von dort mit-souveniert wurde. Und falls nun einige denken: Dazu gehöre ICH ganz bestimmt nicht, denn ICH würde niemals Massen-Tourismus mitmachen, ICH bin Individual-Reisender blabla...
Ja. Genau. Individual-Trottel. Drauf gesch...
Das ist dann das widerliche Drecks-Pack, das für eine Menge Geld über Galapagos stolpert und auch noch stolz drauf ist. Oder - schlimmer geht's halt doch immer - als Rucksack-Individualisten die einheimische Bevölkerung nervtöten.
*(jaja, Ägypten ist auch ein afrikanisches Land blablabla)
Nun sind es eben wieder Moonblumen.
Unter vielen anderen, noch vor überschaubarer Zeit als alt-backen verpönten Motiven. Blumen überhaupt, Landschaften, Wälder und allerlei Getier, das zu meiner wilden Zeit meist mit dem Beiwort: „röhrend!“ abgewertet wurde.
Ja, so ist das halt.
Alles kommt irgendwann mal wieder.
In Mode. Was mir herzlich egal ist.
Mir haben die enorm langhälsigen afrikanischen Geschöpfe, meist gepunktet oder gestreift, ebenso wenig zugesagt, wie die ewig erhaben guckenden ägyptischen Was-auch-Immers. Allerdings, das gebe ich gern zu, hat mich kaum etwas so angewidert wie die Harlekin-Zeit.
Muss in den frühen Neunzigern gewesen sein, als plötzlich jeder (der seinen Wohn-Geschmack - mangels eigenem - stets den gängigen Heftchen angleicht) einen Haufen dämlich glotzender Hampel-Puppen in der Wohnung zu sitzen hatte. Oder von den Wänden zu baumeln. Von winzig klein bis überlebens-groß.

Geradezu Furcht erregend fand ich die Bilder; riesige Dinger mit diesen käsigen Harlekin-Gesichtern, die wie besonders hässliche, früh-zeitliche Totenmasken aus leeren Augenhöhlen auf jeden harmlos daher schlendernden Besucher herab stierten.
Ich erinnere mich an eine Wohnung – hm, na ja, Wohnung – in der ich mich unversehens von Dutzenden solcher Scheusale umzingelt sah und in der ich – mein Wort drauf– urplötzlich einen Anflug von Wehmut verspürte, als ich der dort vorher hängenden Augen-Bilder gedachte. Nicht, dass ich die besonders erfreulich gefunden hätte. Einzelne Augen in Massen auf Bildern sind ja nun auch nicht unbedingt eine hähä Augenweide.
Doch wer weiß. Vielleicht hängen ja heute lauter Moonblumen an diesen geschundenen Wänden. Sicher nicht mehr be- und geachtet als der ganze Mode-Plunder vorher. Von den Bewohnern dieser speziellen Wohnung.
Und doch ist der Gedanke ja irgendwie weniger gruselig , dass in dergleichen Wandel-Behausungen nun womöglich anstelle der giraffen-hälsigen Flecken-Mutanten, den leicht schielenden, Nasen losen Sphingen und den Zombie-Harlekin-Gesichtern Moonblumen auf die verwirrten Bewohner heruntersehen.
Denn sofern dort noch irgendeiner den Schatten einer originären Seele besitzt, kann der Anblick von Moonblumen nur gut für sein.
Ach übrigens.
Ich liebe Moonblumen.
Einfach so.
Habe sie immer geliebt.
Und werde sie immer lieben.
NoXxLynXx - 26. Aug, 19:19