Der Engel mit den Eisaugen und die Deutsche Justiz

Für gewöhnlich schreibe ich nicht über echte Kriminal-Fälle.
Schließlich bin ich hierzulande eh täglich von Gaunern und Betrügern umzingelt.
Aber heute hat mich denn doch ein Thema gefesselt.
Oder eher zwei und die Überlegung über den winzigen Grad, auf dem nationale Unterschiede wandeln. Und wie viel das am Ende ausmachen kann.
Da war zum einen ein Artikel über diese amerikanische Studentin, die zusammen mit einer angeblichen Zufalls-Bekanntschaft aus einer Bar in Perugia (glaube ein Illegaler aus dem Senegal) und ihrem italienischen Liebhaber ihre englische Zimmergenossin gefoltert, vergewaltigt und ermordet haben soll.
Die Zeugen-Aussagen waren widersprüchlich, die Beweise wohl ein bisschen anrüchig, aber die Presse fand, die junge amerikanische Dame sehe aus wie ein „Engel mit Eisaugen!“.
Prompt kochte die italienische Volks-Seele hoch und alle drei (die sich gegenseitig beschuldigten) wurden zu lebenslänglich verurteilt.
Das ging so Ratz-Fatz.
Und Jugendstraf-Recht war nicht mal im Entferntesten ein Thema dabei.
(Außerdem hat diese Amerikanerin NIE geweint! Und in der Küche ihres Freundes war ein Messer! Das sagt doch schon alles.)
Dann war da zum anderen ein Artikel über den Dreck-Sack, der seine beiden Schwestern und seine Eltern erschossen hat. Hier, in Deutschland. Der, manchmal glaube ichs wirklich nicht, kaum dass ihm seine Mutter von einem Konto in der Schweiz erzählt hatte, auf der Stelle dranging, den Mord an seiner ganzen Familie zu planen.
Zuerst hat er wohl mit seinem lieben Kumpel eine Menge Waffen aus dem örtlichen Schießverein gestohlen und gut versteckt – wohlgemerkt ein Jahr vor der Tat. Was ich ganz schnörkellos eine sehr vorausschauende Planung nenne.
Dann hat er eines Abends seine Schwestern umgenietet und ist dann erfreut in die Kneipe geschlendert, in der seine Eltern zu Abend aßen, setzte sich ein Stündchen dazu, plauderte und verließ die Lokalität eine Mord-Vorbereitungs-angemessene Zeit vor seinen Erzeugern.
Kaum kamen die zuhause durch die Tür, wurden sie umgeballert.
Soweit, so unfassbar.
Nun aber erzählt der Mörder (denn die Tat selber ist ihm zweifelsohne bewiesen worden) sein Freund habe alle paar-und-dreißig Schüsse alleine abgeben. Das muss der Houdini der Schießkunst sein.
Und überhaupt, weil er bei der Vorbereitung ein Jahr zuvor noch ein Jugendlicher war, soll nun auch das Jugend-Recht angewendet werden.
Und danach will er sein Erbe haben!
Denn er hat ja nicht geschossen.
Nur daneben gestanden.
Und im Gegensatz zum Eis-Engel-Fall, der sich auf solche profunden Erkenntnisse wie „Die hat nie geweint!“ stützte und mich doch etwas zum Grübeln bringt, dürfte dieser Fall hier – kochende Deutsche Volks-Seele hin oder her – am Ende noch tatsächlich so ausgehen, wie’s das mörderische Stück Abfall geplant hat.
Es ist zumindest nicht ausgeschlossen, dass die beiden Vierfach-Mörder mit dem Eis-Gehirnen, die sich mit zarten 17 einen auf Jahre angelegten Mord-Plan ausdachten UND gleich noch mehr als Eis-kalt einkalkulierten, dass sie beide – im Fall des Entdeck-Werdens – eben aufgrund dieser schlauen Voraussicht nach dem Jugendstraf-Recht schreien könnten, nach Jugendstraf-Recht freundlich milde bestraft werden.
Denn wozu hat man denn Verteidiger?
Und wenn’s nur so halbgar mit dem Tote Familie schlecht machen klappt (weil das gesamte Umfeld verblüfft ruft: Wie bitte? Das verwöhnte Bürschchen? Dem soll’s schlecht gegangen sein?), na dann verweist so ein Anwalt schon mal gern darauf, dass eben GERADE ein jahrelang sorgfältigst ausgetüftelter Mordplan aus Habgier die besondere Unreife seines Mandanten beweist.
Dann kann der nach der halben Jugendstraf-Zeit (das gab’s schon zur Genüge) also knapp 5 Jahren wieder rumlaufen.
In der Schweiz.
Um sich die schwer verdiente Kohle abzuholen.

NoXxLynXx - 10. Dez, 19:19
ich bin
aja manchmal graust