Die DDR war ein Witz?

Gelegentlich packt mich der heilige Ärger.
Dann ist mir nicht nach Witzen zumute.
Und ein Thema besonders schafft das ganz locker immer wieder: Die erbärmlichen Versuche merkwürdiger Gestalten ausgerechnet die DDR-Zeit als was echt-supi Lustiges für seichtes Gelaber auszubeuten. Da schießen die fidelen Fernseh-Shows frei nach dem Motto: „Wir hielten unsre Klappe und fuhren Autos aus Pappe!“ fröhlich aus dem Low-Budget-Boden. Und finden fast schlafwandlerisch ihr wieherndes Publikum.
Damit muss man leben (können).
Als netten Trost sehe ich in die leeren Gesichter aller Mitspieler und lächle dann meinerseits. Stimmt schon, gelegentlich sage ich auch mal was Ähnliches wie: „Ach, verdammt! Wäre ich nur einen Tag lang mal so dämlich wie die, wie glücklich könnte ich sein!“ Aber natürlich ist das ganz klar gelogen. In Wirklichkeit schaudert's mich, wenn ich mir vorstelle, auch nur für eine Sekunde dermaßen hirnlos sein zu müssen. Und im Übrigen ist Humor eben – wie alles im Leben - Auslegungssache.
Na dann regieren halt die Dummen die Fernseh-Welt.
Wenn's glücklich macht.
Etwas ganz anderes ist es, wenn dergleichen Memory-Kram als erbärmliches Unterfangen daher kommt, die eigene feige Untertanen-Gesinnung, die eine Flucht oder den Kampf gegen das Regime von vornherein weit von sich gewiesen hatte, mittels dumm-dreister Scherzchen als was völlig Normales hinzubiegen.
Ja. Anstelle die vielen Opfer wenigstens nicht ständig an die unzähligen Daseins-Formen der gelebten Feigheit zu gemahnen und die Klappe zu halten, kommen nach und nach immer mehr davon aus ihren Gefügigkeits-Refugien gekrochen um schaurig-fröhlich die Zeit ihrer Schande zu feiern.
Allerdings habe selbst ich in diesem Zusammenhang noch niemals gesehen, gehört oder gelesen, dass sich nun so eine Figur als Held der eigenen Anti-Geschichte geriert. Wohlgemerkt, einer Geschichte in der unverblümt das Verharren in einem diktatorischen Regime samt allerlei angedeuteter *Geld-Beschaffungs-Maßnahmen* gegen die erklärten Regeln dieses Regimes als doch sehr liebenswert und putzig hervorgehoben wird. Während der Flucht-Willige als Dämlack ohne Charakter vorgeführt werden soll.
Soll sage ich hier zu jedermann, der das Geplärre gelesen und für toll befunden hat. Denn gelungen ist allenfalls die Vorführung einer kläglichen Existenz. Möglich, dass sich die Vielen eine Art Legende zusammenschustern mussten, um nach dem Zusammenbruch nicht als völlig ehrloses Gesindel vor den Wenigen da zu stehen. Das ist nichts Neues. Tatsächlich ist just dieses Verhalten nach dem Zusammenbruch jeder Diktatur zu beobachten.
Ich war schon immer dagegen!
Ich habe nur Befehle befolgt!
Ich wollte ja, aber..!
Ich wollte ja nicht, aber…!
Und so weiter. Ich denke, jeder hat diese Sätze schon gehört. Oder eben ausgesprochen. Im Zusammenhang mit all den Verfehlungen bis hin zur direkt ins Verbrechen führenden Mitläufer-Gesinnung. Immer im Namen der eigenen Bequemlichkeit. Die – wenn die Jahre ins Land gegangen sind – auch schon mal als akute Lebensgefahr umgelogen wird, der zu entrinnen sicherlich jeder/jede ein gutes Recht hatte. Man darf ja nach so langer Zeit fern jedes Risikos hoffen, dass nicht doch einer daher kommt und das Gegenteil behauptet.
Und es ist obendrein geradezu beängstigend menschlich, im Nachhinein frustriert bis hasserfüllt auf jene zu starren, die tatsächlich etwas dagegen getan haben. Wer steht schon vor sich selbst gern als nichtswürdige Memme da? Oder vor Anderen. Und wer weiß später schon noch so genau, wie es wirklich war? Schließlich ist auch so ein bisschen Schön-Färberei wieder nur menschlich.
Und so weit verbreitet.
Dessen ungeachtet. Ein heiter sein wollendes Geseire über den eigenen feigen Dünkel, der sich in bockigen Laber-Sätzchen über jene lustig machen will, die zumindest ansatzweise den Mut zur Flucht aufbrachten; nein, so etwas ist mir trotz aller Absurditäten mit denen ich jeden Tag rechne (n muss), noch nie untergekommen. Und ich kann, egal wie lange ich auch darüber nachgrübele, einfach keinen Grund für dergleichen Verhalten finden. Andererseits, wieso sollte ich auch solches Un-Gedanken-Gut nachvollziehen (können) wollen.
Scheint, als fehle mir dazu Irgendwas, das diese Sorte im Überfluss besitzt.
Ich wollte nichts davon haben.

NoXxLynXx - 23. Jun, 19:19
erphschwester - 23. Jun, 21:08
jaja,
sie hoffen, wir wären genauso "vergesslich" wie sie selbst.
NoXxLynXx - 23. Jun, 21:17
ich vergesse nie,
selbst wenn die hölle gefriert.
(nicht einmal meinem zweiten -hier meist schreibenden- land-ei-ich käme da ein witzchen zu in den sinn)
(nicht einmal meinem zweiten -hier meist schreibenden- land-ei-ich käme da ein witzchen zu in den sinn)
Marvel - 24. Jun, 21:25
eine Gestrige
Es ist wunderbar, wenn man zu den "Gestrigen" gehört, ich bin wirklich begeistert.
Danke im Übrigen für den Text, noxX
... und ja, "ich weiß es auch noch", mehr und näher, als mir lieb ist.
Danke im Übrigen für den Text, noxX
... und ja, "ich weiß es auch noch", mehr und näher, als mir lieb ist.
NoXxLynXx - 25. Jun, 17:53
ah! ich halte mich
eigentlich zu 100 % für eine morgige.
was ich jedoch nur sein kann, wenn ich gestern nicht vergesse.
was ich jedoch nur sein kann, wenn ich gestern nicht vergesse.
dieser ärger
weshalb ich mich so weit westlich bewege. keinesfalls wollte ich allzu viel mit all den vielen kämpferischen landsleuten zu tun haben, die mir seinerzeit nur zu gerne ein bein gestellt hätten. aber leider gottes sind sie inzwischen überall.
ja. sind sie.
fingen nicht einzelne jetzt an, mich ganz persönlich
zu belästigen mit ihren "weißt-du-noch"-quark.
ja. ich weiß es sehr wohl noch.
besser als dieses ganze erbärmliche pack zu
hoffen wagt.