„Fesseln der Liebe!“

Das Leben ist ein langer, stinkender Fluss.
So rein medien-technisch betrachtet.
Immerhin beschert es uns doch auch gelegentlich ein paar erfreuliche Sekunden, die man danach allerdings schleunigst mit einem dieser Man-in-Black-Blitzdinger aus seinem Gehirn entfernen sollte.
Ich pflege nach kürzesten Fernseh-Show-Einblicken (beim Zappen beispielsweise) oder beim Vorbei-Hören verschiedenster Radio-Sendungen auf der Stelle ein langes, sehr langes biographisches Werk, vorzugsweise über Kohl oder dergleichen Schlafmützen zu lesen.
Danach ist mein Hirn entweder entrüstet oder zu Tode gelangweilt.
Immerhin. Gelegentlich neigt auch mein Inneres zu einem schwachen Lächeln. Zum Beispiel als mir heute eine besonders liebe Freundin (die nicht fern von hier wandelt) mitteilte - na ja, praktisch habe ich ihr blog-thema geklaut :) - dass ein bei ihr ansässiger Radio-Sender einen neuen Wettbewerb ins (eher un-tote) Leben gerufen hat.
„Fesseln der Liebe!“
Äh. Ja. Hört sich im ersten Moment ja so richtig blümchen-rosa romantisch an.
Fesselnde Liebe! Oder auch Liebe, die uns ganz und gar fesselt. Jetzt mal ehrlich! Wer möchte nicht so geliebt werden oder lieben? Also ich meine nicht fesseln wie zusammenschnüren. Obwohl das ja auch für nicht Wenige seinen Reiz hat.
Nein, ich meine von Liebe gefesselt sein. Blind vor Liebe zu sein. Auf rosaroten Wolken zu schweben und ganze Bienenschwärme im Bauch zu haben. Inmitten kristallener Teelichter und anderem Massen-Firlefanz der süßlichen Art. Und ohne Frage samt der unumstößlichen Erkenntnis, mit dieser einen Person für immer und ewig zusammen bleiben zu wollen.
Nur eben nicht unbedingt im wortwörtlichen Sinn.
Da dachte der Wettbewerbsveranstalter allerdings ganz anders. Gut, es wäre ja nicht das Allerschlimmste, wenn ein in tiefer Liebe entbranntes Paar bei so was mitmacht. Als Test sozusagen, wie lange man sich tatsächlich „haut-nah“ ertragen kann.
Ähnliches haben sich schlaue Leute (mit einem richtigen Anliegen) für die ganz jungen, Baby-verrückten Teenager ausgedacht. Und so weit ich weiß, hatten die meisten (Teenies) nach spätestens einem Tag die Nase gestrichen voll von den an ihren Brustkorb geschnallten ewig plärrenden und scheißenden Silikon-Baby-Dingern.
Tatsächlich wurde nach dem letzten Experiment etwas bitter bekannt gegeben, einige der plötzlich verrohten (ja, klar) Jugendlichen hätten das teure Gerät sogar gekillt! Vorsätzlich! Möglicherweise nachdem es sie des Nächtens das zig-ste Mal angequakt, -gespuckt oder -gepisst hatte.
Aber zurück zu unseren in Liebe gefesselten Kandidaten. Ich würde mal vermuten, und sicher mit einigem Recht, dass es hier auch so käme. Also nicht, dass sich die aneinander Gefesselten gleich gegenseitig killen. Obwohl? Na, wie dem auch sei.
Sehr wahrscheinlich haben sie nach dem tollen Test zumindest die Nase gestrichen voll. Voneinander. Was ja irgendwie eine ziemliche Schweinerei wäre. Andererseits muss das ja jeder selbst wissen. Sind doch alles Erwachsene.
Nur reden wir hier eben nicht von Liebenden. Das wäre ja zu simpel gewesen. Und wer wollte in einer Medienwelt, in der sich die Leute gegenseitig zum Spaß praktisch schon mal mit den exotischsten Mitteln vernichten dürfen, was Simples sehen? Oder hören?
Also haben sich die cleveren Radiotypen gedacht, nehmen wir doch einfach eine Brautmutter und den Schwiegersohn in spe und fesseln diese Beiden aneinander! Das ist (beinahe neu – halt nicht in Japan, aber wer guckt hier schon japanische Sender?) irgendwie lustig und fies. Womit es alle Zutaten für eine erfolgreiche Sendung hätte.
Und wenn Sie jetzt Mitleid mit Renate (57), Tochter Susanne (27) und dem vormaligen Schwiegersohn in spe Tom (31) haben sollten. Denken Sie doch noch mal kurz nach!
Ein paar Trottel, die sich mit einer 30 Zentimeter langen Kette für 7 Tage aneinanderfesseln lassen (Vermeiden Sie es Ihrer körperlichen und geistigen Unversehrtheit zuliebe, sich die hygienischen Belange bildlich vorzustellen!) haben nichts Besseres verdient.
Und immerhin können die drei Tröpfe sich ja am Ende das Geld teilen. Denn, da würde ich drauf wetten, zu einer Hochzeit wird es nicht mehr kommen.
Und wenn doch – was die Götter der Evolution verhüten mögen – wächst halt die nächste vertrottelte Generation dergleichen Kandidaten heran. Für ihr nicht minder beknacktes Publikum.
So was nenne ich dann: Die kontinuierliche Entwicklung der Menschheit.

NoXxLynXx - 18. Aug, 19:19
wie ist das?
hähä, du bist viel zu
wenn das passierte, spränge der gesamte sender vor freude im quadrat.
die einschalt-quoten!
die werbe-einnahmen!
wen interessieren denn da ein paar tote trottel.
naja,