Kleidersammlung = Katzenklau = City-Legende?

Ich habe einen Urlaubs-Hund.
Was einerseits sehr schön ist, denn ich vermisse meinen immer noch sehr. Andererseits ist es aber auch ein bisschen anstrengend, denn dieses spezielle Tier ist sehr eigen. (Und sagen Sie jetzt nicht prima, dann passt es ja wie angegossen. Zu mir.) Nicht dass ich mich beschweren wollte. Hab die Töle ziemlich gern. Weniger gern habe ich ausgedehnte Renn-Gänge kwer durch die hiesigen Straßen. Frühmorgens um halb sechs. Vor allem mit einem Mini-Vandalen an der Leine, der – unter vielen anderen – das erbauliche Talent besitzt, innerhalb von Sekunden ein halbmeter tiefes Loch in fremde Vorgärten zu schaufeln. Wobei der vormalige Inhalt dieses Lochs meist lückenlos an mir kleben bleibt. Heute Morgen war’s eine Art brauner Torf, den ich mir noch aus dem Gesicht pulte als mich zwei Straßen weiter ein Rinnstein fegender Idiot verächtlich angrinste.
Ich hab zurück gegrinst.
Ja, das sind so die kleinen Freuden.
Ich sehe den Besen immer noch allein da rum liegen.
Nun könnte ich ja in den Wald gehen. Würde jeder sagen. Das geht nicht, weil das Tier ein bekennender Stadt-Neurotiker ist. Bäume findet es ebenso beängstigend, wie das allmähliche Verschwinden der Zivilisation (in Form von Häusern) überhaupt. Und nur um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen. ‚Beängstigt’ ist ein Zustand, der sich bei diesem Tier durch schrilles Geschrei, festklammern an Zäunen, Büschen und gelegentlich auch mal an fremden Beinen manifestiert. Womit ich die Wahl habe von empörten Tier-Freunden oder Vorgarten-Besitzern genervt zu werden.
Heute Morgen waren es die Vorgarten-Besitzer.
Dachte ich. Als mir nach und nach klar wurde, dass das penetrante Geräusch hinter mir ein Chor murmelnder Stimmen sein musste. Im Geiste einen Haufen erboster Garten-Liebhaber mit Forken und Besen bewaffnet vor mir sehend, drehte ich mich resigniert um. Und da kamen sie auch schon (zwar unbewaffnet aber mit entrüsteten Mienen wild gestikulierend) auf mich zu. Ich glaube, ich habe nicht minder erbost „Scheiß-Pack!“ gemurmelt.
„Sie haben die auch gesehen?“, antwortete der erste, der mich erreichte.
Das hat mich, zugegeben, verblüfft. Mein ohnehin schafsähnlicher Gesichtsausdruck verblödete mit Sicherheit um ein Vielfaches als ich die Zuflucht aller Idioten von mir gab: „WAS?“ Der Mann, den mein verwirrtes Gehirn nur mühsam als einen mir direkt gegenüber wohnenden honorablen Beamten identifizierte, deutete erregt um sich.
„DIE!“
Um ein Haar hätte ich „Aha?“ gesagt. Ich brauchte Zeit. Ich musste nachdenken. Wer waren ‚DIE’? War ich etwa in einen Nachbarschafts-Krieg geraten? Der möglicherweise seit Tagen, Wochen, ja Jahren von mir bislang unbemerkt in aller Herrgottsfrühe durch die reinlichen Vorgärten unserer Vorstadt-Straßen tobte? Oder hatte ich Wahnvorstellungen durch akuten Schlafmangel? Mein wie immer äußerst adrett gekleidete Nachbar, dessen exzentrischste Handlung in all den Jahren – soweit ich mich erinnere – in einer gewagt blau-marmorierten Krawatte an Fasching bestand, starrte mich einen Moment funkelnd an, hob sein Bein (wobei der penibel glatte Stoff seiner Hose leicht verrutschte) und versetzte einem grauen Wäsche-Korb (der mir bis dato nicht mal aufgefallen war) einen gewaltigen Tritt.
Nunmehr völlig fassungslos, entfuhr mir ein leises: „Blä?“
Oder so ähnlich.
„Sie lassen ihr …äh… Tier doch nicht von der Leine?“, ermahnte mich beinahe zeitgleich eine füllige Dame, während sie mein Tier irgendwie perplex musterte, nach einem kurzen Denk-Weilchen aber entschlossen fortfuhr: „ Sie sehen es ja selbst, die Katzen-Fänger sind wieder unterwegs. Obwohl wir eine Verfügung erwirkt haben! Das sollte auch Ihnen Sorgen machen!“
Na gut. Ich will’s nicht abstreiten. Das mir anvertraute Tier ähnelt… Äh, nun ja, sagen wir mal so. Es könnte eine Katze sein. Tatsächlich hat sich bei seinem letzten Besuch ein Nachbar fassungslos erkundigt, wieso ihn ein Affe aus unserem Fenster heraus angeglotzt hätte. Feindselig! Der Mann ist nicht ernst zu nehmen. Das kann ich Ihnen garantiert versichern. Erst neulich beschuldigte er die Garten-Besitzer schräg links, ihre ‚riesigen Hasen’ aus purer Bosheit nachts auf seine pingelig ausgerichteten Blumen-Beete zu schmeißen. Über den Zaun. Ich hab mich davon gemacht, bevor ich „Ach? Und zurück fliegen die?“ sagen konnte.
Folglich teilte ich der Dame eher milde mit, es handele sich bei meinem Tier um einen Hund. Ich will es mal vorsichtig ausdrücken: Auch wenn sie darauf nix erwiderte, konnte jeder ihrem leicht aufmupfigen Gesichtsausdruck eine - nun ja - doch irgendwie abweichende Meinung ansehen. Wer weiß, zu welchen überflüssigen Diskussionen ich mich noch genötigt gesehen hätte, wäre nicht in jenem Augenblick ein weißer Kastenwagen um die Ecke gebogen.
Auf dessen einer Seite unten, zwergen-winzig klein ‚Kleidersammlung Blabla-Verein’ stand.
Und das ist mal sicher. Ich habe, wieder zuhause, den Verein ge-googelt und NICHTS gefunden. Außer lauter Seiten über abhanden gekommene Katzen. In Orten und zu genau den Zeiten als dieser Verein seine Sammel-Körbe vor die Türen gestellt hatte. Aber das war erst später. Nachdem das Auto langsam rollend um die Ecke gebogen kam, gefolgt von zwei Männern, die ungefähr 20 Schritt dahinter herliefen. Ohne Körbe. Jeweils einer links bzw. rechts auf dem Bürgersteig. Wirklich surreal wurde es als beide - sofort als sie des Haufens ansichtig wurden - so hurtig wie die vorbeschriebenen fliegenden Hasen in den Kastenwagen hupften, der auf der Stelle (in einer 30er Zone) Schumacher-like Gas gab und verschwand.
Wie gesagt.
Befremdlich.
Also tat ich, was ich sonst nie tue. Ich ließ den ganzen erregten Schwall anklagender Worte höflich still über mich ergehen, nahm sogar einen der in den Körben liegenden Zettel und bestätigte einer Furie im Morgenmantel mit etwas mehr als meiner sonstigen Lethargie, dass die Selbst-Beschreibung ‚Wir sind ein seriöser Verein!’ in Verbindung mit einer Handy-Nummer als einziger Referenz nicht eben von durchschlagender Aufrichtigkeit zeugen kann.
Dann nahm ich meinen Urlaubs-Hund (Es ist ein Hund! Das kann der mir sehr nahestehende Besitzer jederzeit durch allerlei Papiere belegen!), den Zettel sowie die Ermahnung jeden Korb, der mir unterwegs begegnet platt zu treten und bin nachhause gegangen. An einer Menge schon platt getretener Körbe vorbei. Die ich nun, entgegen meiner Gewohnheit beachtete.
Möglicherweise würde ich immer noch zweifeln. Lärmende Mengen, Räuberpistolen aus dem Net und City-Legenden sind nicht unbedingt geeignet mein Vertrauen und meine Aufmerksamkeit zu gewinnen, bzw. länger zu fesseln.
Jedoch, drei Häuser vor meinem Haus fiel mir eine schlampige Frau ins Auge. Die ungefähr in der Mitte einer längeren Zufahrt rumlungerte. Die wiederum überaus sichtbar zu nichts als einem Garten führt. Vor dessem Tor kein Korb stand. Warum auch? Da wohnt ja keiner. Aber eine Menge Katzen laufen da immer rum. Und noch während ich und mein Tier die Frau argwöhnisch begafften, hörte ich hinter mir ein Auto heran kommen, drehte mich um und siehe da. Es war der weiße Kastenwagen. Samt den beiden Kerlen.
Also habe ich „Polizei! Polizei!“ gekreischt. Das wollte ich schon immer mal tun und kann es mir außerdem leisten. Denn einer meiner (ganz wenigen) Lieblings-Nachbarn ist Polizist. Äh. Zwei. Seine Frau auch. Und beide ermuntern mich seit Jahren, in jeglicher Gefahrensituation eben dies zu brüllen. Hin und wieder tue ich netteren Menschen gern einen Gefallen. Sie kamen beide raus. Bereit, sich Serien-Mördern, Vergewaltigern oder Schlimmeren in den Weg zu schmeißen. Im Schlafanzug. Sie haben ein Kleinkind. Und zwei Katzen. Und sind ziemlich taff. Ein freudiges Sekündchen lang dachte ich, sie knallen das schlampige Weib über den Haufen. Wenn sie was zum Über-den-Haufen-knallen dabei gehabt hätten.
Der Sprung der Katzen-Sammlerin halb gegen die Autotür war allerdings auch nicht übel. Hat erbaulich gescheppert.
Um die Erfahrung reicher, dass Häschen-Schlafanzüge allemal zu toppen sind, dass es tatsächlich eine Verfügung gegen jenen vielnamig auftretenden Verein gibt und nicht jede City-Legende pure Erfindung ist, trollten wir uns (nach einer gewissenhaften Dankes-Rede) auf unser Sofa. Von wo aus ich meine Internet-Recherche begann.
Die mich bestürzt.
Mal wieder.*

*Im Moment scheinen Katzen in der Hauptsache für genehmigte medizinische Versuche mit dem Ziel, die medizinische Forschung zur Heilung von Querschnittslähmung als Folge einer Rückenmarks-verletzung voran zu treiben, angekauft zu werden. Von hochrangigen (Charité) Laboren. Die den Katzen dann logischerweise das Rückenmark durchtrennen. Gibt noch keinen Fortschritt. Trotz tausender zu Tode gequälter Katzen. Nicht den allergeringsten. Und doch haben diese Forschungs-Einrichtungen, auch dank der Unterstützung vieler Prominenter, ausreichend Geld. Aber nicht genug Katzen. Die überleben die "Heilungs-Methoden" meist nicht sehr lange. Deshalb zahlen diese Labore, schreibt PETA, bis zu 600 Euro für eine Katze.
Ich zahlte jedem mehr, der mit dem Pack macht, was die Labore den Katzen antun. Den Mitarbeitern solcher Labore wünsche ich im Übrigen dasselbe Schicksal wie ihren Kollegen in Marburg, die sich bei ihren Experimenten an Affen mit dem Marburg-Virus infizierten und erfreulich grausig abkratzten.
NoXxLynXx - 15. Mai, 19:19
wandlerin - 15. Mai, 20:05
grrrr
diese Mistkerle stellen auch jedes Jahr bei uns ihre Körbe aus.
Kann man da nichts gegen machen?
Kann man da nichts gegen machen?
NoXxLynXx - 15. Mai, 20:23
mir auch
ja! ich könnte mir sogar vorstellen, da zu arbeiten.
in echt jetzt!
in echt jetzt!
erphschwester - 15. Mai, 20:25
ich mach die,
die zwischen den käfigen lang läuft und den künstlich kwerschnittgelähmten klar macht, wie glücklich sie doch sein müssen, weil sie der wissenschaft dienen.
NoXxLynXx - 15. Mai, 20:28
ich sorge für zucht und
ordnung. kriegen haue, nicht zu knapp wennse kwäken.
Sternenstaub - 16. Mai, 09:16
ppuuuhhhh in solchen Zeiten wünscht frau sich so ne taffe Häschen-Schlafanzug-bekleidete-Nachbarschaft !!!
in meiner Galaxie stauben nur ein paar Gestirne, aber die bieten in letzter Zeit auch keinen derart guten Schreibstoff ;)))
hoffe heut am verregneten Sonntag ist Ruh und du kannst dich friedlich den erdnassen Bewerfungen deines Gastes hingeben ;)))
in meiner Galaxie stauben nur ein paar Gestirne, aber die bieten in letzter Zeit auch keinen derart guten Schreibstoff ;)))
hoffe heut am verregneten Sonntag ist Ruh und du kannst dich friedlich den erdnassen Bewerfungen deines Gastes hingeben ;)))
du